“In der Debatte über den politischen Streik wurde zwischen dem “Massenstreik” und dem “Generalstreik” unterschieden, ohne daß jedoch die beiden Begriffe immer klar definiert wurden. Nach der Begriffsbestimmung in einem damals vielgelesenen Buch von Henriette Roland-Holst kommt der Generalstreik der sozialen Revolution gleich. Der politische Massenstreik will die politisch-sozialen Verhältnisse bewußt beeinflussen, “eine Waffe des Angriffs oder der Verteidigung im proletarischen Emanzipationskampfe gegen den bürgerlichen Staat sein” (32). Am Generalstreik beteiligt sich die gesamte Arbeiterschaft, am Massenstreik einzelne Berufsgruppen oder lokale Zusammenschlüsse. Der Gedanke des Generalstreiks ist alt (33). Während er von Engels abgelehnt wurde, nahmen Bakunin und seine Schüler ihn auf. Mit dem Eindringen des Syndikalismus in die Arbeiterbewegungen der romanischen Länder gewann er an Boden. Auf den Kongressen der Internationale wurde er als Vehikel der sozialen Revolution (34) wie auch als Mittel zur Verhinderung eines Krieges erörtert. Der Amsterdamer Kongreß erklärte, ein Generalstreik sei unausführbar, ein Massenstreik jedoch könne “äußerstes Mittel sein…, um bedeutende gesellschaftliche Veränderungen durchzuführen oder sich reaktionären Anschlägen auf die Rechte der Arbeiter zu widersetzen” (35). In der Jahren 1904 und 1905 kam es in Deutschland zu zahlreichen Streiks und Massenaussperrungen. Die politische Lage war gespannt, un man fürchtete, daß sie sich noch verschlechtern werde. Sachsen hatte das Wahlrecht eingeschränkt, andere Länder, vielleicht gar das Recht mochten folgen. Die Arbeiterbewegung stand vor der Frage, ob sie vorsichtig lavieren oder energisch auftreten solle. Die Massenstreiks, die die russische Revolution von 1905 begleiteten und in der europäischen Arbeiterbewegung sofort starken Widerhall fanden, legten es nahe, ähnliche Aktionen auch in Deutschland für den Ernstfall zu erwägen. Auch früher schon waren in anderen Ländern politische Streiks erfolgreich gewesen, so in Belgien und Schweden, wo die Arbeiter mit Hilfe des Generalstreiks das allgemeine Wahrecht erkämpft hatten. Führende Theoretiker der Sozialdemokratie, wie Bernstein und Kautsky, lehnten die “Generalstreiks-Romantik” als “utopisch” ab, hielten jedoch den Massenstreik in gewissen Situationen für notwendig. Die leidenschaftlichste Vertreterin der Idee des politischen Massenstreiks war Rosa Luxemburg” [Wolfgang Hirsch-Weber, Gewerkschaften in der Politik. Von der Massenstreikdebatte zum Kampf um das Mitbestimmungsrecht, Köln, 1959] [(32) Henriette Roland-Holst, ‘Generalstreik und Sozialdemokratie’, Dresden, 1905, S. 7; (33) Vgl. Eduard Bernstein, ‘”Streik  als politischen Kampfmittel”, in: ‘Die Neue Zeit, Jg 1984, Bd. I, S. 689 ff.; (34) Vgl. Arnold Roller, Der soziale Generalstreik’, Berlin, 1905; (35) ‘Internationaler Sozialisten-Kongreß Amsterdam 1904, Berlin, 1904, s. 24]