“Die Position des marxistischen Zentrums wurde in dem Jahrzehnt zwischen 1905 und 1914 durch die Herausbildung der radikal-marxistischen Linken geschwächt. Während Rosa Luxemburg die Aktivierung des Klassenkampfes mittels des politischen Massenstreiks verlangte, drangen auf dem Mannheimer Parteitag von 1906 praktisch schon die Gewerkschaften mit ihrer Forderung nach einem Vetorecht gegen sie betreffende Parteibeschlüsse durch. Das stärkte die Parteiführung und die Reformisten und erbitterte die Radikalen. In ihren Augen hatte die Parteiführung die Aura der Unfehlbarkeit verloren. Nach den Wahlen von 1907 wuchsen angesichts der Zuspitzung der weltpolitischen Lage und des drohenden Krieges die Gegensätze in der Partei. Während Liebkecht und Eisner eine entschiedenere Politik gegen den krieg zu verlangen begannen, traten für den Vorschlag, im Falle eines deutschen Interventionskrieges gegen Rußland den Massenstreik zu proklamieren, nur die späteren Spartakisten ein. So gerieten nun Liebknecht, Rosa Luxemburg und Hermann Duncker auch gegen Bebel in Opposition. Auf dem Stuttgarter Kongreß der Zweiten International 1907 gehörte die SPD zum konservative Lager, das eine radikalere antimilitaristische Politik bekämpfte – nur der Einfluß der anderen Parteien verhinderte eine weitere Anpassung der SPD an den Militarismus und die sich daraus möglicherweise ergebende Spaltung. Die Periode revolutionären Erwartungen, die 1905 eingesetzt hatte, endete mit einem großen Katzenjammer” [O.K. Flechteim, Einführung] [(in) Rosa Luxemburg, a cura di Ossip K. Flechtheim, ‘Politische Schriften I. Sozialreform oder Revolution? Massenstreik, Partei und Gewerkschaften’, Frankfurt Wien, 1966]