“Jaurès verortet sich selbst in der doppelten Tradition von Michelet und Marx und entwickelt in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts das monumentale Fresco seiner “Histoire socialiste de la Révolution Française”. Darin wird zum erstenn mal der Versuch unternommen, die Revolutionsforschung gegenüber einer Sozialgeschichte der Masse zu öffnen. Jaurés hat bekanntlich selbst in den Archiven gearbeitet und vor allem eine lebhafte Vorahnung von der Bedeutung neuer Arbeitsfelder gehabt, um zu diesem sozialhistorischen Untersuchungsstadium vorzustoßen. Auch begründete er die ‘Comission d’Histoire économique et sociale de la Révolution Française’, die nach der Jahrhundertwende lange Zeit eine gigantische Arbeit der Quellenauswertung und – publikation koordinierte und die heutige Revolutionsgeschichte vorbereitete. Mit Jaurés beginnt innerhalb der französischen historischen Schule eine jakobinische Tradition, die bis in unsere Tage reicht – von Albert Mathiez über Georges Lefebvre bis zu Albert Soboul – und die sich zunehmend und kontinuierlich um eine sozialgeschichtlich-marxistische Lektüre der Revolution bemüht. Albert Mathiez (1) (2), einer der Begründer dieser Geschichtsschreibung, symbolisiert bis zu seinem Tod 1923 in seinem Werk diesen Wandel der Historiographie: Seine klassische ‘Histoire de la Revolution Française’ steht noch ganz im Zeichen der politischen Geschichte und hat ihren Autor – gegen Aulard und die Dantonisten – als Verteidiger der Person un der Aktion Robespierres, des Unbestechlichen, berühmt gemacht. Robespierre escheint hier erstmals als die Verkörperung des unnachgiebigen Jakobinismus und der sozialen Demokratie. Aber mit seinem Buch ‘Mouvement social et vie chère sous la Terreur’ kündigte Mathiez zugleich eine Forschungsrichtung an, die weit über den personenbezogenen Konflikt (Danton oder Robespierre) im luftleeren Raum und den für die Historiographie der Jahrhundertwende so typischen Personenkult hinausgeht und sich statt dessen den anonymen Volksmassen zuwendet” [Michel Vovelle, Die Französische Revolution. Soziale Bewegung und Umbruch der Mentalitäten, Frankfurt, 1985] [(1) Jean Jaurès, ‘Histoire socialiste de la Revolution française’ (1901-1908), 7 Bde, Paris, 1969-73; (2) Albert Mathiez, ‘La Révolution française’ (1922-27), dt: ‘Die Franzözische Revolution’, 3 Bde, Hamburg 1950]